Berich by Fifa Weltmeister 1974 Europameister 1972
Gerhard "Gerd" Müller * 3. November 1945 in Nördlingen
Bis heute steht der Name Gerhard "Gerd" Müller nicht nur als Sinnbild für den Vorzeigestürmer schlechthin, bis heute sind die Rekorde des "Bombers der Nation" ungebrochen. Der Mittelstürmer des FC Bayern München und der deutschen Nationalmannschaft erzielte in 427 Bundesligaspielen 365 Tore, in 62 Länderspielen gelangen ihm 68 Treffer, eine Quote, die wohl so schnell kein Spieler mehr übertreffen wird. Und das, obwohl Gerd Müller bei seinem kurzen Ausflug in die Welt der Musik in seinem Lied "Dann macht es bumm!" noch gesungen hatte: "Ein Fussballspiel ist gar nicht leicht, weil es nur schwer zum Torschuss reicht."
Doch am Ende seiner überaus erfolgreichen Stürmerkarriere konnte Müller auf eine Vielzahl von Treffern zurückblicken. "Mein wichtigstes Tor war sicherlich das 2:1 im WM-Finale 1974 in München", sagte Müller erst kürzlich, noch immer im Dialekt seines Geburtsorts Nördlingen, gegenüber FIFAworldcup.com. Die goldene Blütezeit des deutschen Rekordmeisters und des DFB-Teams Anfang und Mitte der 70-er Jahre wäre ohne Müller nicht denkbar gewesen, wie es Weggefährte Franz Beckenbauer auf den Punkt bringt: "Alles, was der FC Bayern geworden ist, verdankt er Gerd Müller."
Dabei wurde Müller, als er 1964 zum damaligen Zweitligisten Bayern München wechselte, von Trainer Zlatko "Tschik" Cajkovski zunächst verspottet: "Was soll ich mit einem Gewichtheber?" Und in der Tat sah Müller mit seinen im Verhältnis zum Oberkörper zu kurzen Beinen und seinen mit 64 Zentimeter Umfang zu dicken Oberschenkeln eher wie ein Kraftsportler eines osteuropäischen Landes aus.
Doch das Blatt wendete sich schnell zugunsten des kleinen gedrungenen Stürmers, der seine aktive Karriere im Alter von neun Jahren in seiner Heimatstadt Nördlingen, rund eineinhalb Autostunden von München entfernt, begann. Bis zum 17. Lebensjahr durchlief er verschiedene Schüler-, Jugend- und Juniorenmannschaften des TSV Nördlingen, in der Saison 1962/1963 erzielte er für seinen Verein unglaubliche 180 Treffer, gestärkt durch den Kartoffelsalat von Mama Katharina.
Zehn Spiele lang ließ Cajkovski Müller zunächst auf der Bank schmoren, ehe er ihn auf Druck des damaligen Bayern-Präsidenten, des Bauunternehmers Wilhelm Neudecker, dann doch in das Team hievte. Bei seinem Debüt in der Regionalliga erzielte Müller im Oktober 1964 zwei Treffer gegen den Freiburger FC, der Grundstein für eine der beeindruckendsten Karrieren im internationalen Fussball war gelegt. Ab sofort nannte ihn Cajkovski schon etwas liebevoller "kleines dickes Müller".
1965 stiegen Müller, Sepp Maier und Franz Beckenbauer, jene Achse, die dem Verein später zu Weltruhm verhalf, in die Bundesliga auf, als Aufsteiger wurde das Team bei seinem Bundesligadebüt Dritter und holte den DFB-Pokal, ein Kunststück, das den Bayern noch einmal in den Jahren 1967, 1969 und 1971 gelang. 1969 wurde Bayern München erstmalig Deutscher Meister, gefolgt von weiteren nationalen Titeln in den Jahren 1972, 1973 und 1974. Auf internationaler Bühne fuhren die Münchner 1967 beim Gewinn des Europapokals der Pokalsieger den ersten Titel ein. Von 1974 bis 1976 gelang es der damaligen Traumelf sogar, dreimal in Folge den Europapokal der Landesmeister zu erobern, 1976 krönte man die Erfolgsserie mit dem Sieg beim Weltpokal gegen das brasilianische Team Belo Horizonte (2:0 und 0:0).
Ohne Gerd Müller wären diese Erfolge undenkbar gewesen. Von der Saison 1964/1965 bis 1977/1978 war Müller immer der beste Torschütze seines Vereins, siebenmal (1967, 1969, 1970, 1972, 1973, 1974, 1978) Top-Torjäger der Bundesliga. In der Saison 1971/1972 brachte er es auf 40 Tore, eine Marke, die bis heute ungebrochen ist.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis der gelernte Weber mit seinen Leistungen auch Bundestrainer Helmut Schön auf den Plan rief. 1966 stand Müller erstmals in der A-Nationalmannschaft und feierte beim 2:0-Auswärtssieg in der Türkei ein gelungenes Debüt. Bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Mexiko 1970 wurde er mit zehn Treffern Torschützenkönig und bildete mit Uwe Seeler ein kongeniales Sturmduo. Die Bedeutung des damaligen Turniers streicht Müller noch heute heraus: "Dieses Turnier hat für mich sogar noch eine größere Bedeutung als das 1974. Wir hatten damals eine herausragende Mannschaft, auch wenn viele unsere Europameistermannschaft von 1972 für die beste halten", so Müller gegenüber FIFAworldcup.com.
1972 holte er mit Deutschland im Finale gegen Russland den Europameistertitel, 1974 erzielte er im WM-Finale in unnachahmlicher Manier den entscheidenden Treffer zum 2:1-Erfolg über Holland. Müller erinnert sich: "Der Ball kam von Rainer Bonhof in den Strafraum, ich lief mit zwei Holländern vor, dann wieder zurück, weil der Pass in meinen Rücken gespielt wurde. Der Ball sprang mir auch noch vom linken Fuß, ich drehe mich ein wenig und plötzlich war der Ball drin", schildert er die Szene, die sich in der 43. Minute im Münchner Olympiastadion abspielte.
Nach der WM 1974 erklärte Müller im Alter von 28 Jahren seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft, aus Ärger darüber, dass die Spielerfrauen vom Festbankett nach dem WM-Finale ausgeschlossen wurden, wie bis heute kolportiert wird. Doch Müller stellt klar: "Ich habe Trainer Schön bereits drei Tage vor dem Finale mitgeteilt, dass ich zurücktreten werde. Er bat mich, mit der Bekanntgabe bis nach dem Endspiel zu warten. So und nicht anders war's." Hintergrund waren die nach Meinung Müllers ("lachhaft") zu niedrigen Prämien, die der DFB für einen WM-Erfolg ausgelobt hatte.
Mit Ehefrau Uschi und Tochter Nicole versuchte er ab 1979, sich in den USA, angelockt von einem lukrativen Vertrag, eine zweite Existenz aufzubauen, nachdem er in den Planungen des damaligen Bayern-Trainers Pal Csernai keine Rolle mehr spielte und sogar zum ersten Mal in seiner Karriere ausgewechselt wurde. Am 6. März 1979 unterschrieb Müller einen Zweieinhalbjahresvertrag bei den Fort Lauderdale Strikers, Profiverein in der amerikanischen North American Soccer League (NASL). 1980 erreichte er mit seinem Team das Finale um die US-Meisterschaft, das jedoch Cosmos New York (mit Franz Beckenbauer) 3:0 gewann. Insgesamt bestritt Müller zwischen 1979 und 1981 in der NASL 80 Spiele, in denen er 40 Tore erzielte. Seine Karriere beschloss Müller bei den Smith Brothers Lounge. In Florida ließ er nicht nur seine aktive Karriere ausklingen, sondern eröffnete im November 1981 auch das Steak-House Ambry. Der Plan sah vor, für immer in den Vereinigten Staaten zu bleiben, der Hausstand in München (Bungalow, Mietshäuser, Sportgeschäft) war komplett aufgelöst worden. Aus Heimweh zog es die Familie im April 1984 allerdings wieder nach München zu den alten Freunden und Bekannten zurück.
Sein offizielles Abschiedsspiel hatte erst im September 1983 stattgefunden. Vor 50.000 Zuschauern spielte Müller in der ersten Halbzeit für Bayern München, in den zweiten 45 Minuten lief er für einige Minuten im Trikot der Nationalmannschaft auf. Das Abschiedsspiel endete 4:2 für Bayern München, Müller selbst gelang allerdings kein Tor.
Nach Beendigung seiner aktiven Karriere geriet Müller in eine tiefe Lebenskrise. Vom Gipfel der Popularität in das Alltagsleben zurückgeholt, wusste er nicht so recht, was er mit sich anfangen sollte. Abgesehen von gelegentlichen Autogrammstunden und Spielen in Prominententeams hatte Müllers Leben damals nur wenig zu bieten außer stundenlangem Fernsehschauen und Streits mit seiner Ehefrau. Sein Alkoholproblem verschärfte sich - "ich habe mein Leben dadurch zerstört", so Müller selbst damals - , doch er hatte Glück, dass seine Freunde von Bayern München, vor allem Manager Uli Hoeneß ihm halfen, wieder auf die Beine zu kommen. Nach einer erfolgreichen vierwöchigen Entziehungskur in Garmisch-Partenkirchen gab der deutsche Rekordmeister seinem früheren Topstürmer 1992 einen Vertrag. Zunächst war Müller als Sponsorenbetreuer, Talentsucher sowie Stürmer- und Torwarttrainer tätig, später für die A-Jugend verantwortlich und zugleich Assistenztrainer bei den Profis. Noch 1992 erwarb er den A-Trainer-Schein, ab der Saison 1995/96 wurde er Cheftrainer der FC Bayern Amateure in der Regionalliga. Heute hat Müller sein Leben wieder voll im Griff, und fühlt sich wohl: "Schöner als beim FC Bayern kann man es nicht haben."
Bei der großen Feier zum 40-jährigen Bestehen der Fussball-Bundesliga im August 2003 wurde Müller als herausragende Spielerpersönlichkeit der Bundesliga-Geschichte geehrt. Mehr als Tausend geladene Gäste im Coloneum in Köln erhoben sich bei einem der bewegendsten Momente der Feierlichkeit und applaudierten, um dem Mann, der die deutsche Fussballgeschichte maßgeblich geprägt hat, die Ehre zu erweisen.
Neben dieser Auszeichnung erhielt Müller in seiner Karriere zahlreiche Ehrungen. 1967 wurde er als 21-Jähriger erstmals zu Deutschlands Fussballer des Jahres gewählt, zwei Jahre später erhielt er diese Auszeichnung erneut. Im Jahr 1970, als er WM-Torschützenkönig wurde, erhielt er als erster Deutscher die Auszeichnung "Europas Fußballer des Jahres". Drei Berufungen in die offizielle FIFA-Auswahl (1971, 1972, 1973) und eine Nominierung in die UEFA-Auswahl (1973) sind weitere Belege für seine damalige Ausnahmestellung. Neben den rein sportlichen Auszeichnungen erhielt Müller u. a. 1967 das Silberne Lorbeerblatt und 1977 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Im Mai 1998 wurde er darüber hinaus mit dem FIFA-Verdienstorden ausgezeichnet. Als einer der zwölf WM-Botschafter repräsentiert Müller die Stadt München auf dem Weg zur FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006
Spielerkarriere Aktive Laufbahn Internationale Erfolge
Weltmeister 1974 WM-Dritter 1970 Europameister 1972 Torschützenkönig WM 1970 (10 Tore) Torschützenkönig bei WM-Spielen (14 Tore) Europas Torschützenkönig 1970 (38 Tore), 1972 (40 Tore) 4 Einsätze für FIFA- bzw. UEFA-Auswahl Europas Fussballer des Jahres 1970 62 A-Länderspiele 68 Länderspieltore (Rekord)
Vereinserfolge
Deutscher Meister 1969, 1972, 1973, 1974 Deutscher Vizemeister 1970, 1971 DFB-Pokalsieger 1966, 1967, 1969, 1971 Gewinner des Europapokals der Landesmeister 1974, 1975, 1976 Gewinner des Europapokals der Pokalsieger 1967 Weltpokalsieger 1976 Deutschlands Fussballer des Jahres 1967, 1969 427 Bundesligaspiele 365 Bundesligatore (Rekord) 74 Europacupspiele (66 Tore) 64 DFB-Pokalspiele (79 Tore) 80 NASL-Spiele (40 Tore) Bundesliga-Torschützenkönig 1967 (28 Tore), 1969 (30), 1970 (38), 1972 (40), 1973 (36), 1974 (30), 1978 (24)
Vereine
1955 - 1964 TSV Nördlingen 1964 - 1979 Bayern München 1979 - 1981 Fort Lauderdale Strikers 1981 - 1982 Smith Brothers Lounge
Trainerkarriere Vereine
Seit Januar 1992: Jugend- und Amateurtrainer beim FC Bayern München